Mit Delta sind wir von Atlanta nach Denver geflogen und schon der Landeanflug vor dem Panorama der Rocky Mountains war atemberaubend. Colorado empfing uns mit strahlendem Sonnenschein, jedoch mit fuer uns inzwischen ungewohnter Kuehle, um nicht zu sagen mit einer "Saukaelte". 26 Grad Fahrenheit (-3 Grad Celsius) sind wir definitiv nicht mehr gewohnt. Selbst Thorsten, dem ja bekanntlich immer warm ist, beziehungsweise der meistens sogar schwitzt, musste zugeben, dass er fror. Unbelievable for everyone who knows him, right?
Vail liegt ca. 1 3/4 Autostunden westlich von Denver, 2,445 Meter ueber dem Meeresspiegel. Entsprechend interessant war die Autofahrt - hinein bzw. hinauf in die Rocky Mountains. Je weiter wir uns unserem Ziel naeherten, desto schlechter wurden die Bedingungen. Es schneite immer staerker, was die Fahrt den Vail Pass hinunter etwas anstrengender machte, als wir uns das gewuenscht hatten. Wir sind trotz der widrigen road conditions gut angekommen, haben unsere Condo (= (Ferien)wohnung) in East Vail bezogen und uns anschliessend auf den Weg in Richtung "Dorf" gemacht. Skier ausleihen, Skipass kaufen und noch ein paar Lebensmittel fuer die naechsten Tage.
Das riesige Skigebiet Vail Mountain wird im wesentlichen durch zwei verhaeltnismaessig kleine Talstationen erschlossen: Vail Village (ein 4er-Sessellift) und Lionshead Village (ein 4er-Sessel und eine Gondelbahn mit 12er- Kabinen).
Lionshead Village wurde zu unserem bevor- zugten Ausgangs- punkt der naechsten 4 Skitage, da wir dort unsere Skier geliehen und deponiert hatten und auch durch die zusaetzliche Gondel kuerzere Wartezeiten gegeben waren.
Davon abgesehen sind allerdings beide "Villages" gleichermassen nett - man laeuft praktisch aus dem "Dorf" direkt auf die Piste - haette die Fussgaengerzone in den beiden Villages keine Fussbodenheizung (not a joke!), koennte man mit den Skiern direkt in die schicken Laeden und Restaurants fahren - Ski-Through waere eigentlich keine schlechte Idee fuer die "ueblichen Verdaechtigen" im Franchise Business.
Anyway - Samstag war unser erster Skitag - euphorisch wie wir waren standen wir schon 15 Minuten bevor die erste Gondel (9 am) fuhr in der Schlange. Die Euphorie wich der Frustration, welche nicht nur auf die Warterei zurueckzufuehren war, sondern auch darauf, dass uns die Fuesse und Schienbeine in unseren Skischuhen schmerzten. Irgendwie passten die Skistiefel nicht mehr…Eingeschlafene Fuesse und Druckstellen machten die halbe Stunde Wartezeit nicht gerade angenehm. Und wie frustrierend ist es denn, festzustellen, dass man an Wadenumfang zugenommen hat…? Extremely.
Nachdem wir endlich “aufgefahren” waren und ein paar Minuten spaeter die ersten Schwuenge hinter uns hatten, haben wir uns ueber die Druck- stellen und dicken Waden keine Gedanken mehr gemacht – denn eines war uns schon nach der ersten Abfahrt klar:
Skiing the Rockies is a whole new ball game!
And why is that?
Der Ausdruck Pulverschnee beschreibt meines Erachtens nicht einmal annaehernd die Beschaffenheit des Schnees in den Rocky Mountains. It’s powder. Der Schnee is so leicht und trocken, dass Tiefschneefahren eine ganz andere Bedeutung erhaelt. Es mag Glueck gewesen sein, aber von vereisten Stellen, die man aus den Alpen kennt, keine Spur. Eine 2.50 Meter dicke Schneegrundlage mit 20 – 30 cm Neuschnee – powder style – zum Teil praeparierte Pisten, teilweise unpraepariert beziehungsweise Tiefschnee. Es war zum Verrueckt werden… Wunderschoene Pisten in allen Schwierigkeitsgraden, meistens etwas bewaldet und eine maerchenhaft verschneite Landschaft, haben uns angespornt, so richtig Gas zu geben. Die Temperaturen (-12 Grad Celsius), anhaltender Schneefall und die duenne Luft (man bewegt sich meistens zwischen 2,800 und 3,400 Metern ueber dem Meeresspiegel) haben uns jedoch in unsere Schranken verwiesen, ganz zu schweigen von den nach wie vor vorhandenen Druckstellen…Aber wir haben gegeben, was wir konnten und wurden an Tag 3 mit Kaiserwetter belohnt.
Fantasie beweisen die Amerikaner bei der Benennung der Pisten. Anders als in Europa, wo man die “blaue Eins” oder die “schwarze Zwanzig” hinunterbrezelt, haben die Abfahrten in USA lustige Namen: Flap Jack, Hunky Dory, Swingsville, Lost Boy, Christmas, Expresso, Cappuchino, Simba, Cheetah, … Da macht’s selbst dann noch Spass, wenn einem eigentlich schon laengst die Puste ausgegangen ist.
Die Atmosphaere, sowohl auf den Pisten als auch in den Warteschlangen am Lift (was wir zum Glueck nur selten erlebt haben), ist angenehm, freundlich und ruecksichtsvoll. Raser, um nicht zu sagen Pistensaeue, oder Liftdraengler haben wir keine erlebt oder gesehen. Wir hatten den Eindruck, dass sich die Leute insgesamt etwas ruecksichtsvoller verhalten. An Engstellen standen auch meistens “Aufpasser” und/oder Warnschilder und Barrieren, dass man gar nicht anders konnte, als langsam zu machen. Keine schlechte Sache. Auch die oft kritisierte oberflaechliche Freundlichkeit der Amerikaner trug fuer uns wieder einmal dazu bei, dass wir uns rundum wohlgefuehlt haben.
Selbst wenn morgens die Wolken in den Bergen hingen, es ununterbrochen geschneit hat und es noch dazu barbarisch kalt war, sobald wir Vail TV eingeschaltet hatten, konnten wir es kaum abwarten auf die Pisten zu kommen. Denn hier war nicht die Rede von schlechtem Wetter, sondern eine extrem enthusiastische (jedoch maennliche) Wetterfee (Ist das dann ein Wetterfrosch? Oder einfach nur ein Wetter-Ansager?) ermutigt die Zuschauer: “Get out there, hit the slopes, with all that snow coming down today we have a wonderful POWDER DAY!!!” Fast entschuldigend fuegt der Wettervogel dann noch hinzu, dass es sich aber schon kalt anfuehlen wird da draussen. Keine Rede davon, dass es tatsaechlich auch saukalt ist. Es fuehlt sich nur so an… Irgendwie sympathisch…und abgesehen davon, wissen wir ja auch alle: Es gibt kein schlechtes Wetter, nur schlechte Kleidung.
Jeden Tag gibt es im Fernsehen und auch an den Liftstationen uebrigens den sogenannten “groomers report”. Aus diesem ist ersichtlich, welche Pisten jeweils praepariert beziehungsweise gewalzt wurden. Praepariert werden jeden Tag andere Pisten, und unser Eindruck war, dass eher wenige Pisten tatsaechlich platt gewalzt werden, denn die Leute wollen den Tiefschnee geniessen. Nichtsdestotrotz sind genuegend “groomers” vorhanden, so dass jeder auf seine Kosten kommt.
Was es in jedem Skigebiet gibt sind Ziehwege – die langweiligen Verbindungen zwischen Pisten, Liften oder zwischen was auch immer. Meistens zu wenig Gefaelle als dass man ohne groessere Anstrengung von A nach B kommt. Amuesant fanden wir die englische Uebersetzung fuer Ziehweg: Catwalk.
Das hat Style! Auch wenn man in den USA genauso doof auf dem Ziehweg herumstochert und sich im Schlittschuhschritt einen abeumelt bis man endlich das Ende erreicht hat. Immerhin war’s auf dem Catwalk!
Wir sind begeistert – we want more. Naechste Saison werden wir allerdings nicht wieder so untrainiert in den Rockies aufkreuzen. Das ist zumindest der Vorsatz fuer’s neue Jahr. Etwas mehr Sport und Bewegung in den Alltag einbinden waere nicht schlecht, weniger Couch-Potatoe-Mentalitaet. Vom Buerostuhldrehen und Fahrstuhlfahren nimmt die koerperliche Fitness naemlich nicht zu. Ach nee!
Wir werden sehen was aus den guten Vorsaetzen wird. Aber der tollste Powderhang nuetzt halt nix, wenn einem nach 500 Metern schon die Oberschenkel brennen…Die Sache mit den Druckstellen und den zu dicken Waden hatte sich uebrigens an Tag 4 erledigt. Unsere Ausruestung hatte sich wieder an uns gewoehnt – or maybe it was the other way around…
So long!